(ZVG/Azerca) “Wo steht der Gartenbau in 10 Jahren?“ – unter diesem Motto hatte der Azerca-Vorstand zu einer Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft sowie dem Gartenbau am 25. November 2024 nach Erfurt geladen. In der Diskussion mit fünf Themenblöcken – Energie, Bürokratie, Torf, Pflanzenschutz und Mindestlohn – sollten die Zukunftsaussichten für Betriebsnachfolger herausgearbeitet werden. Über 80 Personen nahmen an der Veranstaltung teil.
Die Präsidentin des Zentralverbandes Gartenbau (ZVG) Eva Kähler-Theuerkauf zeigte sich zuversichtlich, dass die Produktlinien dem Klimawandel angepasst und junge Experten neue Visionen schaffen werden. Gleichzeitig hob sie die vielfältigen Herausforderungen der Branche hervor. Sie verwies auf die Zusammenstellung von 40 Maßnahmen zum Bürokratieabbau des ZVG, kritisierte die vielfältigen Zertifizierungssysteme im Handel und forderte die lang schon zugesagte Nützlingsverordnung ein.
Der stellvertretende Azerca-Vorsitzende Dieter Boland erläuterte, dass durch den Klimawandel und neu auftretende Schädlinge eher mehr Pflanzenschutzmittel benötigt werden sowie neue Verfahren und Wirkstoffe getestet werden müssen. Weniger verfügbare Wirkstoffe und mehrere Blacklisten von NGOs und dem Handel erschwerten aber die Kultivierung. Außerdem zeigte Boland die Grenzen der Ersatzfähigkeit von Torf in den Zweijahreskulturen der Callunen auf. Sie benötigen eine höhere Stickstoffgabe und beständigere Bewässerung. Das Kulturrisiko ist bei hoher Temperatur und großen Flächen hier sehr hoch und auch die Wasserversorgung bei Transport und im Handel ist gefährdet. Der Anteil von Torfersatzstoffen könne nur schrittweise betriebs- und kulturspezifisch erhöht werden.
Der Gartenbauberichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Artur Auernhammer sprach sich klar dafür aus, weiterhin auf erneuerbare Energien zu setzen und kleine Biogasanlagen zu erhalten – denn diese seien grundlastfähige Anlagen mit einem hohen Gesamtvolumen. Auch die Forderung nach einer grundsätzlichen Planungssicherheit im Energiesektor unterstützte der Bundestagsabgeordnete.
„Pflanzenschutzmittel sind ein negatives Thema und Verbrauchern vor allem im Zierpflanzenbau nicht zu vermitteln“, betonte Tobias Theuerkauf, Logistics Manager – Planting Stock, toom Baumarkt GmbH / REWE Group. Die Einschränkung der Pflanzenschutzmittel dürfe aber nicht zu Resistenzbildungen führen. REWE halte daher auch an den 10 verwendbaren Pflanzenschutzmitteln fest.
Oliver Mans, Vorstandsvorsitzender der Landgard eG, betonte, dass die Zeit verlässlicher Handelspartner vorbei sei – die Produzenten müssen sich auf unterschiedliche Kundenvorgaben einstellen. Mit Blick auf mögliche Nachhaltigkeitszertifizierungen erinnerte Mans daran, dass die Zertifizierungen ursprünglich den Gartenbaubetrieben nur als Selbsteinschätzung dienen sollten. In einer weiteren Digitalisierung werden Chancen zur Verringerung von Dokumentationen gesehen.
Dies ist auch nach Ansicht von Thomas Bousart vom Unternehmen Benary notwendig. Eine Verschärfung der Rahmenbedingungen stelle er aber auch in den anderen Ländern, in denen das Unternehmen züchtet (USA, China sowie den Niederlanden) fest. Mit Blick auf die Mindeslohndiskussion erklärte Bousart, dass in Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern Gartenbaubetriebe ohnehin konkurrenzfähige Gehälter zahlen müssen.
Tom Kuipers vom Gartenbaubetrieb Emsflower kritisierte unnötige Vorgaben und Anforderungen. So müsse er trotz der Nutzung von 91 % fossilfreier Energieträger für Banken ein Konzept zur Einsparung von 50 % Energie vorlegen. Für sein BHKW, das von der Regierung gefördert und von der Umsatzsteuer befreit worden ist, muss er dennoch eine Meldung an den Zoll leisten.
Azerca-Vorstandsmitglied Axel Hemmje betonte, dass Gartenbaubetriebe gern gute Löhne für Mitarbeiter zahlen. Eine Zukunft für die Branche sieht er in einer automatisierten, ressourcensparenden Produktion und guter Entlohnung.
Die Diskussion moderierte Norbert Gröger, Sachverständiger im Gartenbau vom Ingenieurbüro Gröger Willich-Anrath.